Logopädie bei Säuglingen und Kleinkindern

Wenn ich über meinen Beruf erzähle sind viele erstaunt. Ich werde immer wieder gefragt: „Warum brauchen manche Babys Logopädie, die reden doch noch nicht?“

Logopädie kann bei Saugproblemen oder bei Babys mit Syndromen sinnvoll sein, die mit Störungen des muskulären Gleichgewichts im Gesichts- und Mundbereich einhergehen (z. B. bei Kindern mit Down-Syndrom oder mit LKGS-Spalten) sowie bei Frühchen (z. B. mit Magensonde).

Saug- und Stillprobleme

In der Logopädie gibt es schon für die Allerkleinsten effektive Übungen, um frühzeitig Saug- und Trinkprobleme zu regulieren und die Wahrnehmung und Muskelfunktion im Gesichts- und Mundbereich zu fördern. Häufig gilt es auch zu beurteilen, ob das Zungenbändchen zu weit vorn oder zu kurz angewachsen ist und es dadurch zu Problemen beim  Stillen oder Fläschchentrinken kommt. Die richtige Haltung / Lagerung beim Trinken oder Essen, die Auswahl eines Fläschchens / Schnullers oder bei Kleinkindern eines geeigneten Löffels sind häufig Inhalte der Therapie.

Eine herzförmig eingezogene Zungenspitze kann unter anderem ein Hinweis für ein zu weit vorn angewachsenes Zungenband sein.

Ess- und Schluckprobleme

Eine Nasensonde ist nach der Geburt bei einigen Kindern, z. B. mit Syndromen oder bei Frühchen wichtig. Problematisch ist allerdings meist, dass das Baby entlassen wird und die Information für die Eltern, wann und wie die Sonde wieder entwöhnt werden kann, fehlt. Häufig erlebe ich in der Praxis ratlose Eltern.

Manche Babys und Kleinkinder verweigern den Brei und schreien den Löffel an. Oftmals entwickeln Kinder mit Magensonde gar kein Hungergefühl. Das Hungerstillen und das Essenlernen – ohne Druck und Zwang – ist oft gar nicht einfach. Viele Eltern sind verzweifelt. Die Eltern möchten das Beste für Ihr Kind und dazu gehört, das Kind gut zu ernähren. Oft hören vor allem die Mütter Sprüche wie „Es ist noch kein Kind vor dem vollen Teller verhungert“ oder „Er / Sie wird schon Trinken / Essen, wenn er / sie richtig Durst / Hunger hat“. Durch die vielen, oft „gut gemeinten“ Ratschläge entsteht ein unheimlicher Druck. Manche Mütter und Väter sind so verunsichert, dass sie nicht mehr auf ihr Bauchgefühl und ihre innere Intuition hören. Dieser Druck überträgt sich immer auf das Kind und es entsteht leider ein Kreislauf, aus dem es schwierig ist, alleine herauszukommen.

Gerne möchte ich Sie und Ihr Kind so gut wie möglich begleiten, aus diesem Strudel wieder herauszukommen. Manchen Familien reichen hierfür 1-2 Therapiesitzungen wöchentlich. Für manche Familien reicht das nicht aus und hier bietet sich eine ambulante Intensivtherapie an. In etlichen Fällen hat sich eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, z. B. mit Ergotherapeut*innen, Physiotherapeut*innen, Psycholog*innen und Osteopath*innen bewährt.


Mundfunktionen und Ganzkörpermotorik

Manche Kinder haben – aus verschiedenen Gründen – noch im Kleinkindalter eine „Nasensonde“ oder eine PEG-Sonde (über die Bauchdecke). Diese Kinder haben Probleme bei der Nahrungsaufnahme, bei der Verarbeitung der Nahrung (z. B. beim Abbeißen / Kauen / beim Transport in den Rachen) oder beim Schlucken von Nahrung. Hier sollte frühzeitig eine individuelle logopädische Therapie eingeleitet werden, denn: Der Mund ist vor allem in den ersten Lebensmonaten und Jahren auch in Bezug auf die Sprachentwicklung ein sehr wichtiges Wahrnehmungsorgan. Durch das orale Ertasten von Gegenständen und Nahrung (warm / kalt / glatt / weich…) und die Dreidimensionalität (oben, unten, seitlich) entwickelt sich die Begriffsbildung. Spannend ist, dass die körperliche Entwicklung sowie die Spielentwicklung häufig mit den Entwicklungen des Mundes (z. B. kauen) und der Sprache (z. B. Satz- und Regelbildung) einher gehen.

Hier ein paar Beispiele:

  • Wenn das Kind lernt, sich zu drehen (vom Rücken auf den Bauch und vom Bauch auf den Rücken), verbessern sich damit einhergehend oft die Seitwärtsbewegungen der Zunge, die das Kind zum Kauen und zum Transport der Nahrung benötigt.
  • Wenn das Kind lernt, zum Sitzen zu kommen und eine immer bessere Rumpfspannung entwickelt, kann es meist auch festere Nahrung besser verarbeiten, weil die Kehlkopfmuskeln mit Hilfe der Rumpfmuskulatur und der Faszienspannung kräftiger arbeiten können.
  • Wenn das Kind lernt, kleine Regelspiele zu spielen, zeigt sich das meist in einer Verlängerung der Sprachäußerung und an der Anwendung erster sprachlicher Regeln (Satzbau / Grammatik).

Spät sprechende Kinder "Late Talker" oder "Late Bloomer"?

Um den zweiten Geburtstag herum sollte das Kind mindestens 50 Wörter sprechen und beginnen, zwei Wörter miteinander zu kombinieren. Das Sprechen muss noch nicht perfekt sein, einige Lautvertauschungen oder -ersetzungen sind normal, aber das Kind sollte schon recht gut verständlich sein.

Äußert ein zweijähriges Kind wenig Wörter und keine Wortkombinationen, sprechen wir von einem "Late Talker" (Spätsprecher).

2/3 dieser Kinder entwickeln früher oder später eine Sprachentwicklungsstörung. 1/3 der Kinder holt die Defizite bis zum dritten Geburtstag auf, fachsprachlich werden sie "Late Bloomer" (Spätentwickler) genannt.

Wenn Sie sich unsicher sind, sollte eine logopädische Beratung stattfinden, um den Therapiebedarf zu klären.

Ist eine logopädische Therapie sinnvoll, dann gibt es schon für die Kleinsten eine fundierte, altersgerechte Sprachtherapie! Die Kinder in diesem Alter nehmen sehr viel auf und sind mit Freunde bei den „Therapiespielen“ dabei.  

Kinder mit Behinderungen

Bei Kindern mit Behinderungen kann eine frühe logopädische Therapie der Mundfunktionen und der Sprach- und Sprechfunktion (auch mit Gebärdenunterstützung) helfen.

Die Therapie erfolgt ganzheitlich und mit viel Wahrnehmungsunterstützung.

Ich arbeite hier intensiv im Entwicklungsdreieck "Füße - Hände - Mund".

Zudem lege ich Wert auf eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern und finde den Austausch mit den Erzieherinnen und weiteren Fachpersonen (z. B. Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Heilpädagogen, Frühförderstellen und Ärzten) sehr wichtig.